Das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz ist am 23. Februar 2016 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl I, 203) worden. Damit hat der Gesetzgeber – noch – fristgemäß das Richtlinienpaket der Kommission (RLen 2014/23 [Konzessionsrichtlinie], 24 [Vergaberichtlinie] und 25 [Sektorenrichtlinie] vom 26. Februar 2014 umgesetzt. Zugleich ist damit das Fundament einer größeren Umgestaltung des gesamten Kartellvergaberechts gelegt.

Die Umgestaltung wird schon am Umfang augenfällig: Hatte das GWB zuvor 29 Paragraphen im 4. Abschnitt für das Vergaberecht eingeräumt, sind es nun 90. Es ist aber nicht nur der schiere Umfang, es ist auch inhaltlich erheblich verändert.

Die Änderung treten grundsätzlich am 18. April 2016 in Kraft, die Vorschriften zur Verordnungsermächtigung am Tag nach der Veröffentlichung. Denn der Gesetzgeber muss noch die letzten Hausaufgaben der Reform erledigen und das untergesetzliche Regelwerk neu erlassen. Nach dem „gesetzgeberischen Gesamtplan“ soll dies allerdings erst die erste Phase sein: Mit dem Vergabemodernisierungsgesetz soll vorerst „nur“ die Richtlinienumsetzung geleistet werden, sodann soll zeitnah weiterer Anpassungsbedarf, v.a. im Unterschwellenbereich, geprüft werden.

Einfacher wird das Vergaberecht nicht unbedingt, es erhält aber eine neue (komplexe) Struktur: Die VgV wird in einer Mantelverordnung neu erlassen und voraussichtlich 82 Paragraphen umfassen (statt bisher 10). Darin aufgehen werden allerdings die VOL und die VOF, sodass sich hier das Normengefüge insgesamt verschlankt. Die VOB/A, 2. Abschnitt bleibt allerdings bestehen. Der schon im November 2015 vorgelegte Referentenentwurf sieht in weiteren Artikeln der Mantelverordnung die Neufassung der SektVO, Änderungen der VSVgV sowie die Einführung der neuen KonzVgV und einer VergabestatistikV vor.

Das Vergaberecht soll bieterfreundlicher und flexibler werden; ob das gesetzgeberische Ziel, es auch zu vereinfachen, gelungen ist, mag man diskutieren. Neu sind die Gleichrangigkeit von offenem und nicht-offenem Verfahren. Fristen sollen verkürzt werden, aber jdf. angemessen bleiben. Das Verhandlungsverfahren soll flexibler werden. Neu sind auch Vorgaben zur Selbstreinigung. Schrittweise soll das Vergabeverfahren (vollständig) digitalisiert werden. Es fallen auch die Unterscheidungen in A- und B-Dienstleistungen weg; soziale und andere Dienstleistungen (auch juristische) werden einem Sonderregime unterstellt.

Insgesamt bietet das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz eine Fülle von Neuerungen und neuen Detailregelungen und einem erheblichen gesetzgeberischen Wurf. Die Zweiteilung des Vergaberechts ist aber nicht überwunden, auch die Vereinfachung des unübersichtlichen Mehrebenensystems ist nur teilweise ins Werk gesetzt. Der Grundstein für das Vergaberecht 3.0 ist damit gelegt.


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Christoph Just LL.M., Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, ist Partner in unseret Frankfurter Sozietät. Seine Praxis fokussiert sich auf Prozessführung (staatliche und Schiedsgerichtsbarkeit) wie auch auf regulatory (Umwelt, Energie, Vergabe).