Bisher war die klare Antwort: Ja, er muss - solange die Unbilligkeit noch nicht von einem Gericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Diesem Grundsatz möchte der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts (10 AZR 330/16 / Pressemitteilung Nr. 25/17) nicht mehr folgen und sagt jetzt: Nein, einer unbilligen Weisung muss der Arbeitnehmer nicht befolgen. Er hat ein Verweigerungsrecht.
Der Kläger war ursprünglich am Standort in Dortmund beschäftigt. Die Beklagte wies den Kläger jedoch an, dass er für einen Zeitraum von 6 Monaten am Standort in Berlin tätig sein soll. Der Kläger verweigerte sich der Versetzung, so dass die Beklagte ihn zunächst abmahnte und schließlich fristlos kündigte, nach dem er die Tätigkeit trotz Abmahnung in Berlin nicht aufnahm. Der Kläger erhob schließlich Kündigungsschutzklage und verlangte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts teilte nun mit, dass über die Revision noch nicht entschieden werden kann, da er von der bisherigen Rechtsprechung des 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts (22.02.2012, 5 AZR 249/11) abweichen möchte. Diese beinhaltete, dass sich ein Arbeitnehmer nicht über unbillige Weisungen hinwegsetzen darf, solange deren Unwirksamkeit nicht festgestellt worden sei. Der 10. Senat möchte künftig die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer einer unbilligen Weisung des Arbeitgebers nicht – auch nicht vorläufig – folgen muss und fragt deshalb den 5. Senat an, ob er an seiner Rechtsauffassung festhält.
Solange der 5. Senat noch nicht geäußert hat, dass er seine bisherige Rechtsprechung aufgibt, können Arbeitgeber auf das Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung und der damit verbundenen Vorteile für die Arbeitgeber hoffen. Arbeitgeber sollten jedoch aktuell im Hinterkopf haben, dass hier eine Rechtsprechungsänderung kurz vor der Tür steht und die Kündigung oder Abmahnung wegen der Verweigerung einer unbilligen Weisung zukünftig nicht mehr möglich sein könnte.
Damit wäre das Risiko einer unbilligen Weisung auf die Arbeitgeber übertragen und würde dazu führen, dass zukünftig Versetzungen betrieblich und strategisch neu gedacht werden müssen. Wir unterstützen Sie hierbei gerne.