Bindungsprobleme

Das OLG Brandenburg hat in einem neuen Urteil einem marktstarken Unternehmen aufgegeben, anstelle langlaufender Mietverträge (insgesamt 23 Jahre) Gewerberäume in einem 5-Jahres Takt unter angemessenen und fairen Bedingungen auszuschreiben (OLG Brandenburg, Beschl. v. 20. März 2018 – 6 Kart 3/15). Die Entscheidung ist anlässlich der Überlassung der Räume zur Einrichtung einer Schilderprägestelle ergangen und setzt damit die Entwicklung der sogenannten Schilderpräge-Fälle fort. Diese recht spezielle Konstellation darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass langlaufende oder intensive Bindungen häufig kartellrechtlich problematisch sind. Gerade in älteren langlaufenden Verträgen können sich hierzu Altlasten finden. Dies gilt auch unabhängig vom Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung. Siehe hierzu Beitrag Ausschließlichkeitsbindungen: Drum prüfe, wer sich (ewig?) bindet.

Selektiver Vertrieb – für alle?

Das OLG Hamburg hat in einer neuen Entscheidung (OLG Hamburg v. 22. März 2018 – 3 U 250/16) den Bereich, innerhalb dessen Unternehmen zulässigerweise ein selektives Vertriebssystem einrichten können, weit ausgelegt. Damit geht die Entscheidung in dieselbe Richtung, in die sich bereits die des OLG Frankfurt in der Deuter-Entscheidung bewegt hat.

Ein enges Verständnis, nach dem ein selektives Vertriebssystem nur für technisch besonders anspruchsvolle Produkte oder Luxusprodukte im Sinne der Coty-Rechtsprechung in Betracht kommt, ist nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts weder gefordert noch aus den Vorgaben des EU-Rechts zu rechtfertigen. Ausreichend soll sein, dass es der Vertrieb qualitativ hochwertiger Produkte erforderlich macht, zur Positionierung der Produkte am Markt ein ergänzendes Präsentations- und Beratungsportfolio anzubieten, um den Kunden ein besonderes Image qualitative Hochwertigkeit und besonders positiver Eigenschaften des Produkts zu vermitteln.

Es kommt nicht (nur) auf den Inhalt an

Gleich in zwei Fällen im Zusammenhang mit Verpackungen hat das Bundeskartellamt jüngst die Weichen für den weiteren Verlauf von Kartellverfahren gestellt.

Im Kartellverfahren gegen Hersteller von Metallverpackungen hat das Bundeskartellamt die Zuständigkeit an die EU-Kommission abgegeben. Kartellamtspräsident Mundt hat dabei keinen Hehl daraus gemacht, dass neben der räumlichen Ausdehnung des Kartells auch das Vermeiden der sogenannten „Wurstlücke“ eine Rolle gespielt hat. Unternehmen, die in einigem Umfang Metallverpackungen, insbesondere Dosen aus Weißblech oder Aluminium, für die Abfüllung von Nahrungsmitteln oder von chemisch-technischen Stoffen nutzen, dürften das Verfahren mit Blick auf eine mögliche Schadensersatzklage aufmerksam verfolgen. Die EU-Kommission ist bereits in Aktion getreten und hat auch bereits bestätigt, dass Durchsuchungen stattgefunden haben, Quelle.

Im Kartellverfahren gegen Abpackunternehmen für Kartoffeln und Zwiebeln hat das Bundeskartellamt Bußgelder gegen zwei verbleibende Kartellteilnehmer in Höhe von EUR 13,2 Mio. verhängt. Gegen andere Betroffene wurde das Verfahren hingegen eingestellt. Hier dürften in erster Linie die Abnehmer der abgepackten Zwiebeln und Knollen geschädigt worden sein. Das Kartell war aber nach den Angaben des Amtes ein „zweiseitiges“ Kartell mit Abreden über Einkaufs- und Verkaufspreise. Das Kartell funktionierte zentral über die Absprache zum Einkaufspreis für „Rohware“, also Kartoffeln und Zwiebeln. Damit steht auch infrage, ob der Einkaufspreis – zugleich Verkaufspreis der Erzeuger – ebenso zu deren Lasten beeinflusst worden ist.

Neues zu Daten im Kartellrecht

Die EU-Kommission hat angekündigt, sich die geplante Übernahme von Shazam durch Apple genauer ansehen zu wollen. Shazam bietet insbesondere eine Mobile-App an, die abgespielte Musik durch das Mikrofon des Mobilgeräts erkennt und dem Benutzer auf Wunsch auch eine Möglichkeit nachweist, den jeweiligen Song zu erwerben. In der Pressemitteilung verweist die EU-Kommission insbesondere darauf, dass Apple durch die Übernahme Zugriff auf wirtschaftlich sensible Daten über Kunden von Wettbewerbern und deren Nutzungsverhalten erlangen könnte. Da solche Wissenszugewinne an sich nicht ungewöhnlich sind, wird aufmerksam zu beobachten sein, ob die EU-Kommission die in der Entstehung begriffenen Überlegungen zu einem „Daten-Kartellrecht“ weiterentwickeln wird. Das Bundeskartellamt hat hierzu im Facebook-Verfahren bereits eine vorläufige Einschätzung vorgelegt.

Unsportliches Verhalten.

Die EU-Kommission hat bestätigt, dass bei zahlreichen Unternehmen, die Medienrechte im Bereich des Sports vergeben, Durchsuchungen durchgeführt worden sind, Quelle. Damit kommt die Branche auch weiterhin kartellrechtlich nicht zur Ruhe. Die Vergabe der Bundesligarechte für die laufende Saison unterliegt bereits dem vom Bundeskartellamt geforderten Alleinerwerbsverbot. Strukturell ist die Branche durch die hohe Konzentration sowohl auf Anbieter- als auch auf Vermittlerseite anfällig. Es überrascht daher nicht, dass die Kartellbehörden hier besonders genau hinsehen. Allerdings dürften die beteiligten Unternehmen ein umso größeres Interesse an funktionierender Kartellrechts-Compliance haben.