LEH und unfaire Handelspraktiken: keine Flucht ins Ausland, um Anwendung nationaler UTP-Regeln zu entgehen?
Das in Spanien ansässige zentrale Einkaufsbüro „EURECA“ des Handelsunternehmens Carrefour wurde von einer französischen Behörde wegen Verstoßes gegen französische Regeln über unfaire Handelspraktiken mit einem Bußgeld in Höhe von über EUR 10 Mio. belegt. Die Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die grenzüberschreitende Anwendung der nationalen Regeln gegen unlautere Handelspraktiken und das anzuwendende Recht auf im Ausland ansässige Einkaufsbüros und Einkaufsallianzen des LEH.
Wer ist EURECA?
EURECA MAYORISTAS SL ist Teil der internationalen Carrefour-Gruppe und dient als zentrales Einkaufsbüro für sechs europäische Länder (Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, Rumänien und Polen), d.h. es verhandelt Handelskonditionen mit Lieferanten für Produkte, die in den Carrefour-Filialen der genannten Staaten verkauft werden. Ungefähr die Hälfte seines Umsatzes erzielt Carrefour in Frankreich. Auf dem französischen Markt ist Carrefour mit ca. 20 % Marktanteil der zweitgrößte Lebensmitteleinzelhändler.
Innerhalb des Carrefour-Konzerns ist EURECA eine Tochtergesellschaft der niederländischen Carrefour Nederlands BV und wurde 2022 nach spanischem Recht mit Sitz in Madrid gegründet.
Wofür wurde EURECA mit einer Geldstrafe in Frankreich belegt?
Das französische Recht sieht als Teil seiner Regeln gegen unfaire Handelspraktiken die Pflicht vor, dass Händler mit ihren Lieferanten bis spätestens 15. und 31. Januar 2024 Verträge abgeschlossen haben. EURECA hat gegen diese Pflicht gegenüber Lieferanten verstoßen, die Ware für den französischen Markt liefern. Folglich belegte die Direction régionale et interdépartementale de l’économie, de l’emploi, du travail et des solidarités („DRIEETS“) als zuständige Behörde EURECA mit einem Bußgeld in Höhe von EUR 10.298.200.
Offenkundig betrachtete es DRIEETS nicht als Hindernis, dass EUREKA eine Gesellschaft nach spanischem Recht ist und eine Tochtergesellschaft eines niederländischen Unternehmens des Carrefour-Konzerns. EURECA hat angekündigt, Rechtsmittel gegen die Entscheidung .
Folgen für die Praxis.
Ähnlich wie im Kartellrecht knüpfen die nationalen Rechtsordnungen die Anwendung ihrer UTP-Regeln an das Auswirkungsprinzip. Im Zentrum steht dann die Frage, ob sich bestimmte Verhaltensweisen von Einkaufsbüros oder Einkaufskooperationen im Ausland auf den nationalen Markt auswirken, etwa weil die Lieferanten ihren Sitz in dieser Rechtsordnung haben oder die Waren für den Markt der anzuwendenden Rechtsordnung vorgesehen sind.
Sollte sich die französische Behörde vor Gericht durchsetzen, wird es den LEH-Konzernen deutlich schwerer fallen, missliebige UTP-Regeln einzelner Mitgliedstaaten durch die Auswahl des Sitzes der Einkaufsbüros oder Einkaufsallianzen zu umgehen.