„Chill mal, Chef – ich rauch auch erstmal ´ne Tüte!“ Vom Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz
Kein Aprilscherz: seit dem 1. April 2024 dürfen Erwachsene bis zu 25 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum besitzen, am Wohnsitz sogar bis zu 50 Gramm Cannabis sowie drei „lebende Cannabispflanzen“. Als Mitglied einer Anbauvereinigung können Mitglieder, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, bis zu 25 Gramm pro Tag erhalten, jedoch nur 50 Gramm pro Monat. Bei 18 bis 21-jährigen ist dies beschränkt auf 30 Gramm pro Monat.
Was bedeutet das aber nun für Unternehmen? Müssen und können sie den Konsum von Cannabis verbieten? Oder ist es das gute Recht der Arbeitnehmer, Cannabis zu konsumieren?
Das eigentliche „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis“ schweigt sich zum Bereich des Arbeitslebens und einem Konsumverbot während der Arbeitszeit aus.
Bleibt also nur der Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze:
Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen. Kann er dies nicht in vollem Umfang, da er unter dem Einfluss von Drogen steht, muss der Arbeitgeber dies nicht hinnehmen. Das ist bei Cannabis nicht anders als bei Alkohol oder anderen Rauschmitteln. Es gilt also auch ohne eine ausdrückliche Regelung ein relatives Suchtmittelverbot aufgrund vertraglicher Nebenpflicht, § 241 Abs. 2 BGB.
Weiter hilft auch der Arbeitsschutz:
Die DGUV Vorschrift 1 enthält mit § 15 Abs. 2 schon vor der Legalisierung die klare Vorgabe, dass Versicherte sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen dürfen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden. Hierunter fällt auch Cannabis.
Es gilt dann sogar ein Beschäftigungsverbot für Arbeitgeber: ist ein Arbeitnehmer erkennbar nicht in der Lage, seine Arbeit ohne Gefahr für sich und andere auszuführen, darf er mit dieser Arbeit nicht beschäftigt werden, § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1.
Zeigen sich also auch nur leichte Anzeichen für einen Drogeneinfluss - und das insbesondere bei Mitarbeitern, die im sicherheitsrelevanten Bereich tätig sind wie beim Fahrzeuge steuern, Maschinen bedienen oder die mit Elektrizität oder Gefahrstoffen arbeiten müssen - sollten Arbeitgeber nicht lange zögern. Schließlich sind Sie auch verpflichtet, andere Mitarbeiter und Dritte zu schützen. Zudem entfällt der Versicherungsschutz, sollte für den Arbeitgeber eine Untauglichkeit erkennbar gewesen sein – und er den Mitarbeiter dennoch weiter tätig werden lässt.
Ein Verstoß gegen die Pflicht, die Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringen zu können, muss aber vom Arbeitgeber bewiesen werden, wenn er disziplinarische Maßnahmen wie Abmahnung oder Kündigung nutzen will.
Es wird durchaus Diskussionen und Nachweisprobleme geben bei der Frage, ob ein Mitarbeiter auch unter dem Einfluss eines gerade eben oder auch eines schon vor Stunden gerauchten Joints in der Lage ist, seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen.
Soweit wie möglich sind Arbeitgeber daher gut beraten, Regelungen für ihr Unternehmen aufzustellen und klare Handlungsanweisungen an die Vorgesetzten zu verfassen, um derartige Probleme zu minimieren. Derartige Regelungen müssen bei Betrieben mit Betriebsrat durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung getroffen werden.
Als ersten Schritt sollten bestehende Regelungen (insbesondere in Betriebsvereinbarungen oder in sonstigen Anweisungen an Mitarbeiter) geprüft werden, ob Cannabis vielleicht schon als „sonstiges Rauschmittel“ mit geregelt ist.
Sollte dies nicht der Fall sein, empfiehlt sich eine ausdrückliche Anpassung.
Achtung: in vielen Regelungen ist von „Alkohol und illegalen Drogen“ die Rede – Cannabis wäre hiervon nun nicht mehr erfasst.
Wie schon in Bezug auf Alkohol und sonstige Drogen weit verbreitet sollte das Mitbringen und der Konsum von Cannabis auf dem Betriebsgelände, während der Arbeitszeit und auch in den Pausen, untersagt werden. Dies ist eine Vorgabe, bei der es dann auch gut möglich ist, einen Verstoß nachzuweisen.
Das wird aber zu kurz greifen: Da wie bei nahezu allen Rauschmitteln die Wirkung nicht unmittelbar nach dem Konsum wieder endet, sollte auch geregelt werden, dass auch ein Konsum vor der Arbeitszeit nicht geduldet wird, wenn dies Auswirkungen auf die ordnungsgemäße Erbringung der Arbeitsleistung hat.
Hier wird es tricky – denn so schnell wie bei Alkohol lässt sich der Grad der „Berauschung“ nicht feststellen, es fehlt auch die typische „Fahne“, die häufig dazu führt, dass Alkoholkonsum auffällt.
Für HR und Führungskräfte sollte daher klar festgehalten werden, was alles Anzeichen für ein „auffälliges Verhalten“ einer solchen Berauschung sein könnten.
Zentral ist es dann, dass bei einem Verdachtsfall alle Umstände genauestens dokumentiert werden, um Anhand von Indizien dennoch zur Möglichkeit der Umsetzung arbeitsrechtlicher Maßnahmen kommen zu können.
Zu denken ist auch an die Möglichkeit, bei einem Verdachtsfall (ärztliche) Drogen-Tests anzubieten. Diese sind zwar nur mit dem Einverständnis des Arbeitnehmers möglich. Weigert er sich jedoch, an der Aufklärung – und damit auch seiner Entlastung - mitzuwirken, können wiederum hierauf arbeitsrechtliche Schritte fußen: Die Weigerung kann als Indizien für einen Rauschmittelmissbrauch gewertet werden. Hier kann man auf die bereits gefestigten Regelungen zum Umgang mit alkoholisierten Mitarbeitern zurückgreifen.
Am besten verankert man diese Möglichkeit direkt in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung, um sich spätere Diskussionen über das Bestehen eines diesbezüglichen Mitbestimmungsrechts zu sparen.
Ist ein Arbeitnehmer als Folge eines Rauschmittelkonsums nicht in der Lage, seine Arbeit ordnungsgemäß auszuüben, besteht regelmäßig kein Vergütungsanspruch. Wie schon bei Alkoholkonsum gilt aber auch hier: sollte es sich um eine (unverschuldete) Sucht handeln, gelten wieder andere Regeln!
Ein wichtiges Augenmerk sollte zudem auch auf die Prävention und Aufklärung gelegt werden, damit es überhaupt nicht erst zu kritischen Fällen während der Arbeitszeit kommt. Mitarbeiter sollten informiert werden über die Wirkung von Cannabis – und die Folgen für die Arbeitssicherheit und Gesundheit.